PICASSO – Joly des Granges *20.03.1997 †13.04.2018

Immer wieder sitze ich vor diesem leeren Blatt Papier und kann bei den Gedanken an alles, die Tränen immer noch nicht zurückhalten.

Immer wieder muss ich sagen: Der Schock ist noch da. Die Trauer und der Verlust sind noch immer riesig.

Ein Sprichwort sagt, Zeit heilt die Wunden.
Mittlerweile sind 2 Jahre vergangen. Die Wunde ist noch immer da. Sie ist etwas kleiner, weil ich an die schönen Momente denken kann und doch ist die Wunde / der Verlust noch immer gross.

Lange Zeit habe ich mit mir gehadert. Schreibe ich einen Text, stelle ich sowas online.
Aber ich muss. Vielleicht für mich, damit sich die Wunde etwas mehr schliessen kann. Schlussendlich aber als ein grosses Danke an meinen Seelenfreund, treuen Begleiter und weisen Lehrmeister.

Seit jeher vernarrt in Pferde, wusste ich, sobald ich es finanzieren kann, habe ich ein eigenes Pferd. Gesagt, getan. Noch mitten in den Lehrabschlussprüfungen, bin ich wieder mal ein Pferdchen anschauen gegangen. Unterwegs mit Englischbüchern zum Lernen, ging es Richtung Enggistein. Dort, so hiess es, seinen zwei Mérenspferde ans Futter zum Abgeben. Ich weiss es noch, als ob es gestern gewesen wäre. Er stand mit seiner Halbschwester angebunden vor dem Stall. Für mich war es Liebe auf den ersten Blick. Geknuddelt, geführt und Besitzer ausgefragt, wurde abgemacht, dass ich darüber schlafen würde und mich am nächsten Tag melden werde.

Auf der Heimfahrt wurde natürlich nicht Englisch gelernt, sondern organisiert. Wo bringe ich das Pferdchen unter und wie geht’s weiter. Durch die Unterstützung von ganz lieben Menschen, konnte ich meinen Traum am 16. Juni 2000 verwirklichen.
Das namenlose Pferdchen wurde abgeholt (gemäss Besitzer / Händler sollte er Jumbo, Jester oder sowas heissen). Auf der Fahrt standen drei Namen zur Auswahl (Winnetou, Merlin und Picasso). Ich musste ihn nur wiedersehen und es war klar: Er wird Picasso genannt.

Tja, der junge Picasso wuchs, schlug beim Hufe geben, stieg beim Führen, riss sich beim Longieren los… Dank Unterstützung von pferdekundigen Menschen, meisterten wir die ersten Anlaufschwierigkeiten und bald wurde entschieden, dass jetzt angeritten wird.

Es folgten Reitstunden, Brevettest, Patroullienritte, Horseathlon, Westernturniere usw.

Und doch hatte ich das Gefühl, irgendwas zwischen uns ist anders, ein Band, eine Verbindung. 

Er zeigte mir rasch, dass ich ihm vertrauen musste / sollte. Ihm zuhören, mit ihm sprechen. Er war es, der mich immer wieder vorantrieb: in meinen Ausbildungen und meinen Unsicherheiten. Der mir all meine Fragen beantworten konnte. Der mich NIE im Stich gelassen hat. Der mir geholfen hat, ICH zu sein. Hier zu sein, wo ich jetzt bin. Ohne ihn hätte ich dies alles nicht gewagt / geschafft.

Wir hatten so wundervolle Jahre zusammen. Meine Träume haben sich dank seiner Weisheit erfüllt.

Immer voller Energie und Pracht war er präsent. Doch dann kam eine Zeit, wo es mir Angst machte. Angst, ich könnte ihn verlieren. Ich müsste plötzlich über sein Leben entscheiden.

Doch wie lautet ein Sprichwort; erstens kommt es anders, zweitens als man denkt!

Da er bei mir zu Hause wohnte, war in der Zwischenzeit die Pferdefamilie gewachsen. Zu zwei kleinen Damen (für seinen Geschmack übrigens ganz Hübsche, aber eben zu klein) zählte noch eine gleiche Dame (jedoch andere Rasse, aber auch sie trägt ein schwarzes Fell. Dies war seine Bedingung).

Ich wollte mich wieder mehr meinen Pferden widmen.

Da meine Menschenfamilie auch gewachsen war, musste eine Lösung her, damit ich mich wieder mehr um meine zwei Grossen kümmern konnte.

Gesagt, getan. Für den Winter (so war mal die Idee) wurden sie im nah gelegenen Pensionsstall untergebracht. Eigentlich wollte ich mich der Gesunderhaltung meiner älteren Pferde widmen. Vor allem der Dame, den Herrn Picasso wollte ich nicht stressen. Er durfte älter werden.

Wie ging der Spruch schon wieder… Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.

Picasso erlebte seinen 21. Frühling. Er blühte auf. Durch richtiges Training erstrahlte sein Rücken / Körper in vollem Glanz. Er stieg sogar wieder in einen Pferdeanhänger ein (nach einem schlimmen Unfall im 2007 war es unmöglich, ihn in einen normalen Pferdeanhänger zu kriegen).

Er war geschmeidig in seinen Bewegungen und zeigte eine riesige Freude an der Arbeit. Es war ein so schönes Gefühl.

Zwei Wochen vor seinem Ableben sprach ich immer davon, dass wenn eines der zwei Grossen nicht mehr wäre… usw usw. Hatte ich eine Vorahnung...?

Ich weiss noch genau, wie ich im Auto unterwegs war, als die Zeit einen Moment stillstand. Mein Mann am Telefon, der fragte, ob ich es bereits wisse wegen Picasso.

Ich sagte nein und in dem Moment wusste ich es.

30 Minuten nachdem die Pferde auf die Weide durften, wurde er tot am Boden aufgefunden.

Er hat mir alle Entscheide abgenommen. Ich musste / durfte / sollte / konnte nichts entscheiden.

Ist es einfacher so? Nein und ja. Ja und nein. Er durfte in Frieden in Mitten seiner Freunde gehen, etwas Schöneres hätte ich mir für ihn nicht wünschen können. Für mich? Meine Tränen sagen wohl alles. Es war einfach nicht der Moment. Freitag, 13. April 2018. Ein Datum, dass ich nie vergessen werde. Ich weiss noch, wie ich bei ihm auf der Weide gesessen habe, um mich von seinem Körper zu verabschieden. Noch jetzt nehme ich alle diese Gerüche wahr.

 

Seine Worte an mich:

Bin ich davongeflogen
im hohen Bogen
Von hier aus geb’ ich auf Dich acht
mitten in der Nacht
Bin in Liebe gegangen
werde in Liebe empfangen

In Liebe
Dein Picasso

 

Meine Worte an dich, lieber Picasso:

Du bist immer bei mir, in meinem Herzen, in meinen Gedanken
und in meiner Seele.
Du bist und bleibst ein Teil von mir. Mein Seelenfreund.
Ich freue mich auf den Tag, an dem du wieder neben mir stehst.

In Liebe
Deine Nicole

 


 

Nach dem Durchlesen dieses Textes, welcher ich wirklich meinem Seelenfreund widme, musste ich mich fragen, was ich damit bezwecken will?

Wie bereits geschrieben, ein grosses Danke an Picasso. Ein Teil ist meine Trauerverarbeitung und doch gibt es da noch mehr…

Will ich dir liebe Leserin / lieber Leser nur zeigen, was er für ein Toller war. Was möglich ist und was nicht…

Nein, bei mir haben seit seinem Verlust Veränderung stattgefunden. Eine Art Umdenken. Und dieses Umdenken und meine Entscheide, diese möchte ich euch auch aufzeigen.

Seither steht für mich klar, dass ich meine Zeit meinen Lieben widmen will. Meine zwei- und vierbeinige Familie in vollen Zügen geniessen. Sie stehen an erster Stelle. Ich will das Leben geniessen und machen was mir Spass und Freude macht.

Und ja, ich liebe es über alles, eure lieben Vierbeiner zu übersetzen und doch muss auch hier Zeit für meine Lieben und mich sein.

Deshalb habe ich mich entschieden:
- keine Einführungskurse mehr durchzuführen
- ich suche keine vermissten Tiere mehr
- Notfalltermine, gibt es nur für bestehende Kundschaft
- Wochenende beantworte ich keine Anfragen (Ausnahme Notfälle best. Kundschaft)

Für gewisse von euch mag dies unverständlich klingen. Für mich ist es 100% stimmig so und total klar. Einfach ein herrliches Gefühl.

In dem Sinne
Danke Picasso